unfallseligkeit

Die 28jährige Miriam W. setzt sich in der Mitte ihres Skiurlaubs auf Skiern in einen uneinsehbaren Winkel des Waldrands hinter einem der vielen Wegekreuze links der Leitnerpiste, streift den Overall herunter und hockt sich hin um sich zu erleichtern. So weit so gut.

Ihr entgeht das Lächeln des verschneiten Christus am Wegekreuz.

Ihre Skier tun allerdings, wozu sie gemacht sind: sie rutschen.

Und so geschieht es, dass eine halbbekleidete Frau in der Hocke zu Tale schießt.

Eine Stunde später sehen wir Miriam W. im lokalen Krankenhaus im fahrbaren Krankenbett auf dem Flur liegen, weil alle Zimmer belegt sind. Ihr linkes Bein ist sorgfältig gegipst.

Ein weiteres Bett wird 2 Stunden später herbeigeschoben, darin Phillip G., 34, Schlüsselbeinbruch, Armschlinge. Wir hören ihn stöhnen.

Miriam W. ist es leid an die Decke oder zum Kruzifix im Flur zu starren, und so beginnt sie mit einer harmlosen Frage.

Was ist denn bei Ihnen passiert?

Phillip G. schweigt erst, dann rafft er sich zu einer Antwort auf.

Das glauben Sie mir nicht. Pause.

Aber ich sag‘s ihnen:

Ich fahre flott die Leitnerpiste, da kommt aus einem Dickicht eine Frau gehockt direkt in meine Spur gefahren. Ich denk, ich träume und will ausweichen. Aber als ich zu mir komme, liegt alles von mir verstreut in der Gegend – und ich mittendrin.

Im Flur ist es jetzt eher still.

Keiner von beiden bemerkt das Lächeln am Kruzifix.

Miriam W. muss – entgegen allem mitleidvollen Anstand – lachen.

Es fängt an sie zu schütteln, wie sie es noch nicht kannte.

Phillip G. schaut herüber und möchte patzig werden,  aber es gelingt ihm nicht.

Wie er sie so lachen sieht muss er auch lachen.

Und so platzen beide vor Gelächter, als sie ihm gesteht: das war ich.

So hat es begonnen.

Phillip und Miriam sind nun seit 26 Jahren verheiratet, sie führen eine Almhütte und haben grad den Jüngsten ihrer drei Kerle aus dem Haus entlassen. Keine weiteren Stürze.

Wir gratulieren zum Entschluss in die Hocke zu gehen – so verkehrt kann das Gute beginnen. Wir gratulieren dem übervollen Krankenhaus und allen Pflegern dieser Welt, die Betten in Flure rollen. Und der eine da am Rand gratuliert auch. Unterrichtete Kreise behaupten, er habe das eingefädelt.

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